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WO BITTE GEHT’S ZU DEN 4000 INSELN?

18. – 23. FEBRUAR 2019

Am 18. Februar morgens um kurz nach sechs Uhr werden wir erlöst. Der „Sleeping-Bus“ hält in Paksé. Ein Albtraum geht zu Ende, wir sind froh, auch dieses Abenteuer überstanden zu haben. Gut, dass wir nicht wussten, was uns bevorsteht.

Angenommen hatten wir, dass wir in einem „normalen“ Bus mit bequemen Liegesitzen befördert werden, befördert worden sind wir in einem Gefährt, das außen nach zweistöckigem Bus aussah, innen aber keine Sitze hatte, sondern kleine, schmale Kunststoff-Schalen, in denen sich jeweils zwei Menschen mit Handgepäck den beengten Platz – sowohl in der Länge als auch in der Breite – teilen. Schon beim Betreten dieses Busses müssen wir uns kräftig bücken – nirgendwo ist aufrechtes Stehen möglich. Als wir uns in dem „Kabuff“ ausbreiten wollen, wird schnell klar, dass das der falsche Ansatz ist. Hier ist platzsparendes Einfügen in den geringen vorhandenen Raum angesagt. Sprich, wenn einer auf dem Rücken liegt, kann der andere nur hochkant liegen und versuchen, nicht so tief zu atmen. Ausstrecken geht überhaupt nicht – aber es sind ja nur zehn Stunden …
Nach der Ankunft in Paksé am Morgen gestehen wir uns gegenseitig, dass wir uns nicht getraut haben, auf die Uhr zu schauen. Wir hatten Angst, dass wir erst wenige Minuten unterwegs sind. Ich erzähle Peter von meinen Panikattacken in der Nacht, die er zu seinem Glück verschlafen hat. Wie schon gesagt, pünktlich um 6 Uhr endet der Albtraum und wir stehen in einem noch etwas verschlafenen Ort, an dem uns niemand so richtig sagen kann, wann der nächste Bus zu unserem eigentlichen Ziel abfährt. Die Angaben schwanken zwischen zehn Minuten und zwei Stunden … wir gehen von zwei Stunden aus und finden in der Nähe zwei Cafés, von denen eines sogar schon geöffnet hat. Wir gehen nicht allein Kaffee trinken – einige andere aus dem Bus warten auf dieselbe Verbindung. Nach einer Stunde kehren wir zum Busterminal zurück, dort weiß immer noch niemand Bescheid. Vor dem Busbahnhof tauchen einige Mönche auf. Sie sind auf ihrem morgendlichen Almosengang und wir dürfen daran teilhaben, wie sie Essen von Mitbürgern der Stadt bekommen und dafür ihren Segen erteilen. Eine kurze Begegnung mit einer völlig anderen Welt, die uns bewusst macht, wie klein und vergänglich unsere „Probleme“ sind.


Inzwischen steht ein grüner Minivan da und wenig später rollt ein etwas in die Jahre gekommener großer weißer Bus heran. Wir Wartende werden aus nicht erkennbaren Gründen aufgeteilt – Peter und ich landen im großen Bus.


Während der Fahrt beginnt es von oben zu tropfen, genau über unseren Plätzen, mal mehr, mal weniger, aber weder Fahrer noch Begleiterin interessieren sich dafür: Es wird unangenehm feucht. Dazu kommen Peter Zweifel, ob wir nicht während der Fahrt hätten aussteigen sollen, da unser Zielort ein anderer ist, als der der anderen. Er zeigt der Begleiterin unser Ticket, weist sie nochmals auf unseren Zielort „Don Khong“ im Gebiet der 4000 Inseln hin, sie meint, dass das alles schon richtig sei. Nach der Ankunft an einem Terminal nahe des Mekong sollen wir hinunterlaufen zum Fluss und unser Ticket gegen ein Bootsticket eintauschen. Gegen einen Aufpreis erhalten wir die Tickets für das Boot nach Don Khong. Wir werden einem Boot zugewiesen und knattern bald, mit vielen anderen, hauptsächlich jungen Reisenden los. Wir landen allerdings nicht in Don Khong, sondern in Don Khon … das ist die falsche Insel, genau wie Peter befürchtet hat. Wir fragen auf der Insel, die hauptsächlich von jungen Aktivurlaubern mit Partylaune besucht wird, nach und bald beratschlagen einige, kaum Englisch sprechende Männer, wo wir wohl hinwollen. So landen wir schließlich bei einem jungen Mann, der Das Prblem wohl schon kennt und uns ein Boot besorgt, das uns zur 2 Stunden entfernt liegenden Insel Don Khong bringen wird. Etwa eine bis zwei Stunden müssen wir warten, meint er. Also setzen wir uns in sein Restaurant, trinken einen frischen Passionsfrucht-Saft und essen frische „Springrolls“, die wir letztendlich hastig verspeisen müssen, da das Unglaubliche geschieht: Der Bootsführer kommt zu früh und er hat noch zwei Mitfahrerinnen organisiert.

Nach zwei Stunden durch die wunderbare Landschaft der Viertausend Inseln (Si Phan Don) erreichen wir schließlich unser Hotel: Das „Kongmany Colonial House“.


Wir beziehen unser Zimmer, dieses Mal ein Familienzimmer mit zwei spartanisch eingerichteten Räumen und insgesamt drei Betten, einer Klimaanlage, einem Deckenventilator und einem Badezimmer mit Toilette, Waschbecken und Dusche, die alles unter Wasser setzt.

Das Hotel besteht aus mehreren Gebäuden, unser Zimmer liegt leider im alten Trakt. Den herrlichen Pool dürfen wir aber mitbenutzen.

Dahin zieht es uns auch und das Wasser erfrischt uns tatsächlich, sodass wir bis abends durchhalten – mir fehlt immerhin der Schlaf einer kompletten Nacht. Gegen später machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant und werden fündig: Fischgerichte und spezielle laotische Gerichte schmecken köstlich, wir sitzen direkt am Fluss, erst geht die Sonne mit Abendrot unter, dann steigt der Vollmond am Himmel auf … eine Entschädigung?


Am nächsten Morgen schütteln wir uns einmal kräftig durch und machen uns nochmal klar, wo wir gelandet sind: Wir befinden uns jetzt ganz im Süden von Laos nahe der Grenze zu Kambodscha. Der Mekong fließt hier in einem bis zu 14 km breiten Becken und bildet unzählig viele (ca. 4000) Inseln, auf denen unter anderem Betelpalmen wachsen. Der Fluss, der auf der Fahrt nach Luang Prabang noch schokoladenbraun war, zeigt sich hier smaragdgrün und klar.
Auf den Inseln Don Det und Don Khon ist eher Aktivurlaub angesagt, während Don Khong erholungswillige Urlauber anzieht. Mit viel Glück zeigen sich in der Nähe der Insel Don Khon die extrem selten gewordenen Irawadidelfine, das sind Delfine mit stumpfer Nase.
Wir sind hierhergekommen um Ruhe zu finden, nicht ständig den Rucksack aus- und wieder einzupacken, um zu verarbeiten, was wir alles erlebt haben – und das ist nicht wenig.
Die Temperaturen steigen mit jeder Stunde an, wir haben zwischen 34 und 36 Grad. Trotzdem treibt uns der Entdeckergeist an und wir mieten uns Fahrräder, um die Insel zu erkunden. Die Räder bekommen wir im Hotel, sie haben keine Gangschaltung und es ist ein wenig mühsam voranzukommen. Aber wir treten „einfach“ etwas kräftiger in die Pedale.

Der ursprüngliche Plan ist, die Insel zu umrunden, doch nachdem wir uns kräftig verfahren, auf unbefestigten, unebenen, sandigen Wegen landen, an einzeln liegenden Wohnhütten mit Landwirtschaft und vielen „Hello“-rufenden und winkenden Kindern vorbei strampeln und dabei schwitzen wie … keine Ahnung, wer jemals so geschwitzt hat … – suchen wir nur noch einen geeigneten Weg zurück zum Hotel, was nicht ganz einfach ist, da die Karte vom Touristenzentrum nicht sehr aufschlussreich ist.

Also radeln wir über staubige Pisten, durch aufgewirbelte Staubwolken, aber auch vorbei an unzähligen freundlich winkenden Kindern, an Herden von zum Teil im Wasserloch badenden Wasserbüffeln, an einer sehr freundlichen Frau, die über die Felder zu ihrem entfernt stehenden Haus zurückkehrt und erreichen irgendwann, ziemlich erschöpft und verschwitzt, bei 35 Grad Celsius in der Mittagshitze, das Hotel und den Pool … den Nachmittag genießen wir den Pool, den Schatten, wir schwimmen, baden, relaxen – wird ja mal Zeit!


Am Abend kehren wir in „unser“ Restaurant zurück, denn auf der kleinen Insel gibt es nicht so viel Auswahl, der nette junge Mann dort begrüßt uns schon wie alte Bekannte.
Und das Essen schmeckt wieder hervorragend!

Eigentlich wollen wir heute wirklich nichts tun, aber nach dem Frühstück steigen wir nochmal auf die Räder, die vor der Haustür stehen und förmlich auf uns warten.

Wir radeln in die andere Richtung los, fahren an zwei, drei Guesthouses und Hotels vorbei, kommen zu einem Wat, dem ein Kloster angeschlossen ist, weiter an mehreren Schulen vorbei, dem „Gouverneurs-Palast“ (es ist ein wirklich auffallendes Gebäude), der Post, bevor die Hitze wieder zuschlägt und uns dieses Mal fast rechtzeitig zurück ins Hotel treibt.
Der Pool ist auch heute unsere Rettung, danach setze ich mich an die Blogtexte, denn wir sind ja ständig im Verzug. Peter schwingt sich noch einmal auf sein Rad und sucht den Weg zu einem Aussichtspunkt und einer Höhle, den der junge Mann im Touristbüro versucht hat zu beschreiben. Er findet den Aussichtspunkt, dreht dann aber um, denn es wird dämmrig und mit der Dämmerung kommen die Moskitos …

Am Abend besuchen wir wieder unser Restaurant. Immerhin wechseln wir ab bei den Speisen, die wir auswählen, wobei Fisch fast immer auf der Karte steht, in verschiedenen Variationen. Ich mag besonders gern die laotische Zubereitung „Laap“, „Lap“ oder „Larb“, bei der das Fischfleisch oder auch anderes Fleisch auf eine besondere Art sehr klein geschnitten wird und mit frischen Kräutern, u.a. mit Koriander und Minze vermischt und serviert wird – dazu gibt es entweder normalen Reis oder „sticky rice“, der in kleinen Bambusschälchen mit Deckel gereicht wird, aus denen man entweder mit den Fingern oder mit der Gabel kleine Portionen herausfischt. Es schmeckt köstlich!

Für den nächsten Tag haben wir eine Bootstour gebucht und müssen deshalb sehr früh aufstehen. Als wir den Vorhang öffnen, begrüßt uns die Morgensonne:

Wir haben uns doch entschlossen, noch einmal in ein Longboot zu steigen und in Richtung Don Det und Don Khon zu fahren, schon wegen der „Irrawaddy-Delfine“, die dort noch vereinzelt gesichtet werden, weniger wegen der Wasserfälle, die es dort auch gibt. Über den größten haben die Betreiber einer Abenteurtourismus-Agentur sogar eine Zipline gebaut. Aber Peter hat seine Erfahrung schon gehabt, also fahren wir erst einmal ohne Plan los, gemeinsam mit einem französischen Paar, mit dem wir uns sehr gut verstehen und auf Französisch und Englisch unterhalten. Auf der Insel Don Khon angekommen, stehen wir vor der Frage, was wir machen wollen und wie wir uns fortbewegen wollen. Kurz überlegen wir, ob wir einen Motorroller oder ein Motorrad mieten wollen, aber wir sind beide keine erfahrenen „Driver“ und auf den holprigen, sandigen Pisten stellen wir uns das nicht so einfach vor. Also besteigen wir ein lustiges Tuk-Tuk, bei dem neben dem Motorrad ein offener Kasten angebracht ist mit Sitzplätzen für, sagen wir knapp zwei Personen. Sieht urig aus und wir knattern auch bald los.

Zuerst zu einem kleineren Wasserfall, dann zu den Delfinen mit einem Boot. Wir sind ja schon gut durchgeschüttelt worden, während unseren unzähligen Fahrten auf dieser Reise, aber solche Schütteleinlagen haben wir noch nicht erlebt. Zum Teil hängen wir schräg auf der Piste, aber der Fahrer bleibt cool und steuert uns aus jedem noch so schiefen Loch heraus. Den Wasserfall besuchen wir mit leicht wackligen Beinen.

Danach geht’s weiter! Nicht lange, denn unser Gefährt verliert schlagartig Luft in einem Reifen, der junge Fahrer weiß nicht so recht, was er tun soll, macht uns dann aber klar, dass wir genau an der Stelle auf ihn warten sollen und holpert mit dem platten Rad los. Hmmm, was tun? Hier stehen wir nun … wir beschließen weiterzulaufen, denn er muss ja aus der Richtung zurückkommen. Unterwegs treffen wir mehrere Ziegenherden, die ziemlich Respekt vor uns haben. Wir treffen Hundegangs, die uns kurz begleiten und dann in den Busch abbiegen. Es ist keine Sekunde langweilig.


Nach einer halben Stunde kommt er uns entgegen. Mit geflicktem oder runderneuertem Reifen. Wir steigen ein und holpern bald gemeinsam weiter bis zur Anlegestelle der Boote, die zu den Delfin-Inseln fahren. Uns erwartet ein ziemlich altes Boot, wie immer mit Motor, wir sitzen sehr tief und für unsere Rücken reichlich anstrengend – aber im Trockenen! Immerhin schöpft unsere Bootsführerin – jawoll, es ist eine Frau – während der Überfahrt kräftig Wasser aus dem Inneren.
Etwa zwanzig Minuten tuckern wir in diese wunderschöne Inselwelt hinein, als die Frau aufgeregt auf die Wasseroberfläche deutet: Siehe da, eine Rückenflosse eines Delfins ist zu sehen. Auch in der kommenden halben Stunde sehen wir nicht viel mehr, als die Oberseite der silbern schimmernden Delfine, Rückenflossen, ganz ab und zu eine Schwanzflosse. Zum Springen ist die Wasserhöhe zu gering, erfahren wir später. Fotos können wir keine machen, da die Sonne das Wasser zum Glitzern bringt und die Delfine sich in der Farbe kaum unterscheiden. Aber diese Landschaft dort, die Ruhe, das Betrachten des Wassers – das alles ist den Ausflug wert.

Bald sitzen wir wieder in unserem „special-car“ und holpern und stolpern zurück zum Treffpunkt, trinken noch einen leckeren Frucht-Smoothie, bevor wir alle vier wieder in unser Boot einsteigen. Die anderen sind mit einem Motorroller über die Insel getuckert, haben den großen Wasserfall besucht und sind auch sehr zufrieden mit ihrem Tag.
Unser Bootsmann stoppt noch auf der anderen Insel „Don Det“, aber was wir dort sehen, reizt uns nicht, denn es reiht sich ein Souvenir-Laden am anderen, Bars, Guesthouses und andere Attraktionen, wir drehen bald wieder um und sind froh, auf unsere ruhige Insel zurückkehren zu können.


Auch heute kehren wir wieder in unserem Restaurant ein und sind sehr zufrieden.

Unseren letzten Tag auf der Insel gestalten wir wirklich ruhig. Nur ein paar Schritte zur Post, vorbei am Fußballplatz, ansonsten Pool-Zeit und Schreibzeit.


In unserem Restaurant treffen wir am Abend ein deutsches Lehrerpaar und unterhalten uns sehr angeregt über unsere verschiedenen Reiseerfahrungen, wir verabschieden uns von dem jungen Mann, der dieses Restaurant sehr gut leitet und kehren ein letztes Mal den Weg entlang des Mekong-Flusses zum Hotel zurück.
Am nächsten Tag steht die Fahrt zur kambodschanischen Grenze bevor, die wir bei Herrn Phet im Hotel gebucht haben – wir sind gespannt, was uns dieses Mal erwartet.

3 Kommentare

  1. Nicola Grote

    Oh, wie toll, so hautnah bei eurer Reise dabeisein zu dürfen! Ich „holpere“ im Tuk-Tuk und Bus bei euren Fahrten über die Piste mit, winke „Hello“ rufenden, lachenden Kindern zu, strample auf dem Fahrrad ohne Gangschaltung, spüre den Staub überall am Körper, bin schweißnass in der Hitze, nehme die flirrende Luft wahr, sitze im Boot und tuckere über den ruhigen Fluß, erlebe traumhafte Sonnenauf- und -untergänge, habe den Geschmack von köstlichen Fischgerichten mit Koriander und Minze im Mund – und bin aufgeregt und glücklich! Einmal Reisefreak, immer Reisefreak. Ich glaube, ich muss wieder los!
    Vielen, vielen Dank für die spannenden Texte und großartigen Fotos. So toll, dass und wie ihr unterwegs seid. Ganz viel Freude und Abenteuer weiterhin wünscht euch Nicola aus El Puerto de Santa Maria.

  2. Ulrich Mayer

    Also Nicola,
    Dir kann ich nur voll zustimmen.
    das ist hinreißend, was man da alles mit erlebt-und leidet und
    immer Gottseidank ein gutes und beruhigendes Ende der Aufregungen
    mit Entspannung genießen kann.
    Nächste Woche gehen wir Skifahren, da werden wir Euch wohl nicht begleiten können.
    Wir machen Urlaub vom Urlaub.
    lieben Gruß
    Euer Uli

  3. …für mich ist der zentrale Satz im letzten Blog: „Eine kurze Begegnung mit einer völlig anderen Welt, die uns bewusst macht, wie klein und vergänglich unsere „Probleme“ sind.“ Sehr schön, so eine Erkenntnis nach einer verzweifelten Nach in einem unmöglichen Bus zu haben :-)) Weiter so – es kann ja immer nur besser werden, neben all dem, was Ihr schon an Gutem erlebt habt!

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