Allgemein

STREIFZÜGE DURCH YANGON


Es wird höchste Zeit für eine Erklärung der Begriffe, mit denen wir hier um uns „werfen“:

  • Alle SAKRALGEBÄUDE sind TEMPEL.
  • TEMPEL, in die man hineingehen kann, sind PAGODEN.
  • Eine PAGODE ist ein markantes, mehrgeschossigen, turmartiges Bauwerk, dessen einzelne Bauwerke meist durch vorragende Gesimse oder Dachvorsprünge voneinander getrennt sind.
  • STUPAS enthalten RELIQUIEN (wie z.B. Haare von Buddha). Sie werden von gläubigen BUDDHISTEN rituell im Uhrzeigersinn umkreist.
  • Viele PAGODEN enthalten einen oder mehrere STUPAS.
  • Oft bewachen Löwen PAGODEN oder STUPAS.
  • Ein WAT ist in den buddhistischen Ländern LAOS, KAMBODSCHA, THAILAND ein von einer Mauer umgebener Gebäudekomplex, der hauptsächlich religiösen Zwecken dient.

19. JANUAR 2019

Am Morgen erwachen wir beide einigermaßen ausgeruht nach einer Nacht auf der extrem angenehmen Hotel-Matratze. Schon interessant, was bei betagteren Globetrottern, wie wir es sind, wichtig wird.
Nach dem Frühstück, das für mich immer noch hauptsächlich aus Toastbrot mit Banane und Schwarztee besteht, für die anderen Gäste ein üppiges Büffet bietet mit traditionellen Gerichten wie Nudel-Suppe, gebratenen Reis mit Gemüse, oder gebratene Nudeln mit Gemüse und Fleisch, sowie Omelette oder Spiegelei, ziehen wir los in die Stadt. Wir rufen uns ein Taxi und fahren wieder durch die vollen Straßen zum Bahnhof, denn wir brauchen die Tickets nach Mandalay. Direkt am Hauptbahnhof gibt es keinen Schalter, der uns diese Tickets verkauft, das hat Peter auch schon im Reiseführer gelesen, wir müssen einen längeren Weg über die Gleise gehen und uns auf der anderen Seite umschauen. Als wir uns gerade auf den Weg machen, spricht uns ein junger Burmese an, der wohl auch am Montag denselben Zug nehmen möchte und uns zum richtigen Schalter mitnimmt. Er spricht ganz gut Englisch, gibt an, Optiker zu sein, spricht Peter ein Kompliment für seine Brille aus und schwups sind wir in einem Agentur-Büro gelandet anstatt am Fahrkartenschalter, an dem wir wohl geschickt vorbei gelotst wurden. Wir sprechen dort mit einem der Männer in der Agentur, der fragt nach, ob es noch Platz im Nachtzug nach Mandalay am Montag gibt, aber wir haben Pech. Nur im Nachtbus kann er uns noch Plätze anbieten. VIP-Plätze seien das, bequeme Schlafsessel mit Beinfreiheit. Komfortabel. Was bleibt uns anderes übrig, wir buchen. Und erst als unser Begleiter, der ja auch eine Fahrkarte wollte, plötzlich verschwindet, der Agent uns auch noch dringend einen Bootstrip von Mandalay nach Bagan anbieten möchte, dämmert uns langsam, auf welch verwegene Aktion wir offensichtlich hereingefallen sind. Doch wir haben schon bezahlt und gehen geknickt ob unserer Gutgläubigkeit aus dieser „Agentur“. Genau das steht in den Reiseführern, dass man vorsichtig sein soll, wenn gut gekleidete junge Männer auftauchen und in verständlichem Englisch ihre Hilfe anbieten. Nun stehen wir da mit zwei Bustickets, von denen wir nur hoffen können, dass wir sie auch benutzen können und nur einen wahrscheinlich überhöhten Preis bezahlt haben. Unser Stimmungsbarometer fällt rasant. Aber nun sind wir schon in der Altstadt von Yangon, also reißen wir uns zusammen und suchen den Weg zur SULE-Pagode. Mit ihrem 46 m hohen Stupa ragt sie aus der Mittelinsel inmitten eines großen Kreisverkehrs heraus.

Ein wahrlich ungewöhnlicher Platz für einen heiligen Ort. In der weiteren Umgebung finden sich das Rathaus und der Oberste Gerichtshof.

Wir gehen am Unabhängigkeits-Obelisk vorbei und ziehen uns in den Schatten des Mahabandoola-Parks zurück, den diese Gebäude umgeben.

Der Schatten tut gut. Wir erholen uns und schlendern dann durch die engen Straßen der Altstadt. Erschreckend ist auch hier der Zustand vieler ehemaliger Kolonialhäuser, die entweder langsam zu verfallen scheinen, oder vom Schimmel überzogen sind.

Wir kommen vorbei an einem Buchladen, der mich stark an den von Wendelin Niedlich in Stuttgart erinnert. Niedlich hatte seine Buchhandlung so dicht mit Büchern bestückt, dass er nicht nur die Regale voll beladen, sondern auch zusätzlich noch viele Exemplare in Stapeln im Laden hatte. Er wusste aber immer, wo er suchen musste.
Und genauso sieht dieser Laden aus. Wunderbar! Ich sehe auch die Buchtitel, die Peter und ich gerade lesen: „Tage in Burma“ (George Orwell) und „der Glaspalast“ (Amitav Ghosh), allerdings auf Englisch.

Jetzt zieht es uns weiter zum „Rangoon Tea-House“, das im Reiseführer lobend erwähnt wird und siehe da, es liegt gleich um die Ecke. Ein schönes Café mit tollen Gerichten und Getränken, sehr modern, es könnte in jeder Großstadt zu finden sein. Für die „Happy Hour“ mit interessanten Cocktails sind wir zu früh dran, aber zu einem Cappuccino und einem Mango-Smoothie kommen wir genau zur richtigen Zeit.

Wir genießen unsere Getränke, die angenehme Atmosphäre und die klimatisierten Räume und suchen uns anschließend ein Taxi zum Hotel. Ein wenig ruhen ist jetzt angebracht. Am Abend ziehen wir nochmals los und suchen einen Ort fürs Abendessen. Wir suchen ein bestimmtes Restaurant, das uns empfohlen wurde und gehen dafür buchstäblich „meilenweit“. Überqueren einige Hauptverkehrsstraßen, was eigentlich unmöglich scheint, aber irgendwie, irgendwann, mit viel Geduld und gutem Überblick, doch möglich wird. Als wir dieses Restaurant dann schließlich gefunden haben, ist es wegen Renovierung geschlossen und wir treten frustriert den Rückweg an. Schließlich setzen wir uns in ein anderes, das wir auf dem Hinweg gesehen haben. Die Gerichte sind okay – aber mich darf sowieso niemand fragen – denn ich vertrage die Gewürze, oder das Fett oder was auch immer, nicht. Für Peter passt’s besser …

20. JANUAR 2019

Heute besuchen wir Myanmars allerwichtigstes Nationalheiligtum. Die berühmte und in Yangon alles überstrahlende SHWEDAGON-Pagode. Einem geflügelten Spruch zufolge liegt auf dem STUPA mehr Gold als auf der Bank von England. Von allen vier Himmelsrichtungen früheren Rolltreppen-Aufgänge hinauf zur Spitze des Singuttara Hügels, von dem die „Goldene Dagon“ die Stadt überragt.

Dort umgeben 15 m hohe Mauern eine knapp 60000 m2 große, fast quadratische Terrasse. In deren Mitte ragt der massive, vollständig mit Gold bedeckte Stupa 98 m in die Höhe. An der Spitze leuchtet eine mit über 4000 Diamanten besetzte Goldkugel von 25 cm Durchmesser, auf der ein Smaragd das Sonnenlicht bricht. Soweit die Fakten. Bei unserem Besuch ist der Stupa großflächig verpackt und zur Restaurierung bereit. Die Vergoldung läuft bereits auf Hochtouren, da eine kleine Seilbahn angebracht ist, in deren „Wägelchen“ Gläubige ihre zuvor gekauften Goldfolien hineinlegen und zusehen können, wie sie nach oben gezogen werden.


In der Vielzahl der Pagoden, die auf dieser Fläche erbaut wurden, habe ich den Überblick verloren, finde noch eine für mich bedeutende, die „ElderBrotherPagode“, an der ich eine Gedenkminute für Albrecht und Uli einlegte.

Es ist faszinierend mitzuerleben, wie viele Gläubige an diesem Sonntagmorgen durch die einzelnen heiligen Stätten pilgern und wie viele auch verweilen an für sie wichtigen Plätzen, an denen sie für die Buddhas Gaben ablegen und sich im stillen Gebet niederlassen. Auch Mönche, die sich als einzige den Buddhas nähern dürfen, sind viele zu sehen. Es ist ein besonderer Ort – das nehmen wir wahr.

Aber auch hier findet das alltägliche Schaulaufen für das beste Selfie, mit oder ohne Buddha, statt.


Nach einigen Stunden des Miterlebens und der Betrachtung haben wir genug. Wir fahren die hohe Rolltreppe hinunter, ziehen unsere Schuhe wieder an und nehmen uns ein Taxi in die Stadt. Heute wollen wir die „Happy Hour“ im Tea-Room nutzen, doch als wir ankommen, lesen wir, dass es die sonntags nicht gibt. Also bestellen wir zwei Cappuccini und ein Stück Kuchen. Noch während des Wartens auf unsere Bestellung wird es mir wieder schlecht. Ich spüre ein seltsames Kribbeln in den Händen und Unterarmen, mir wird heiß und ich habe das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig zu werden. Gut, dass ich auf einer gepolsterten Bank sitze, denn da kann ich mich hinlegen, Peter setzt sich neben mich und hält meine Beine hoch. So liege ich dann bestimmt eine Stunde, versuche immer wieder mich aufzurichten, muss aber immer wieder zurück in die Liegeposition. Mitleidige Blicke ziehe ich auch schon wieder auf mich, aber was kann ich machen? Das Personal ist superfreundlich, unterstützt mich und nach mehr als einer Stunde wagen wir es zu gehen, direkt vor der Tür ein Taxi zu besteigen und zum Hotel zu fahren. Der frische Fahrtwind hilft und so schaffen wir es endlich zurück zum Hotel, wo ich mich sofort ablege. Die Magen-Darm-Probleme äußern sich vielfältig, plagen mich und so komme ich erst spät zur Ruhe.

21. JANUAR 2019

Wenn alles klappt (mit dem Nachtbus und den überteuerten Tickets) fahren wir um 20 Uhr vom weit außerhalb der Stadt gelegenen Busbahnhof ab nach Mandalay. Im Internet haben wir recherchiert, dass es dieses Busunternehmen tatsächlich gibt. Allerdings fährt kein VIP-Bus um 20.30 Uhr Richtung Mandalay…
Wir sollen bis spätestens 12 Uhr unser Zimmer räumen. Allerdings geht es Eva heute Vormittag nicht wirklich besser und sie weiß nicht, wie sie den Tag und die anschließende Busfahrt durchhalten soll. Für einen kleinen Aufpreis können wir bis 17 Uhr im Zimmer bleiben. Eva nutzt die Zeit zur Erholung im Bett. Ich würde gerne noch ein wenig von den vielen Yangons Sehenswürdigkeiten mitnehmen. Als Ziel wähle ich zwei Pagoden, die nahe beieinander liegen, und zu Fuß erreichbar scheinen. Nach 4 km folge ich dem Hinweisschild zum NAGAHTATGYI PAYA. Ich folge den lauter werdenden Gebetslitaneien, obwohl der Weg bergauf immer enger und dunkler wird und die Hunde immer aggressiver. Schließlich gehe ich den Weg zurück und nehme einen alternativen Weg durch eine Siedlung mit mehreren kleinen Pagoden zurück zur Hauptstraße. Und dort stehe ich dann auch gleich am Eingang zum NAGAHTATGYI PAYA mit einem eindrucksvollen, 14 m hohen sitzenden Buddha. Die Stimmung in dem großen, fast menschenleeren Tempel, ist überwältigend.

Zurück auf der Hauptstraße sehe ich schon den Eingang zur CHAUKHTATGYI PAYA und werde von einem Mann empfangen, der mir einen Longyi umlegt, weil ich mit kurzer Hose bekleidet den Paya nicht betreten soll. Er begleitet mich noch zum Treppenaufgang. In einer riesigen Halle befindet sich ein 65 m langer liegender Buddah. Wegen Restaurationsarbeiten befindet sich die Figur vollständig unter einem Bambusgerüst.

Bevor ich den Longyi ablegen und die Sandalen anziehen kann, möchte mich der Mann noch kurz dem Meister vorstellen. Wir gehen durch einen dunklen Raum und gelangen zum Meister, einem älteren Mönch, der in einem kleinen Raum auf einem großen Bett aus dunklem Holz sitzt. Ich folge den Anweisungen des Mannes und erhalte kniend und mit mulmigem Gefühl den Segen des Meisters. Anschließend öffnet der Mann ein Heft mit vielen Geldscheinen in verschiedenen Währungen und bittet mich um eine Spende. Ein 10000 Kyat-Schein genügt ihm offensichtlich nicht, also leere ich meinen Geldbeutel vollständig und gebe ihm 25000 Kyat. Der Mann wird nun deutlicher und sagt, dass der Meister für den Segen mindestens 50000 Kyat erwarte. Als ich ihm beteuere, dass ich nicht mehr Geld bei mir habe, bittet er um mein Handy und steckt es prompt in seine Umhängetasche. Als ich mein Handy vehement zurückfordere, begleitet mich der Mann zur Hauptstraße und weiter zum nächsten ATM. Ich soll Geld aus dem Automaten ziehen und meine Schulden beim Meister begleichen. Das finde ich nun doch sehr dreist und anmaßend. Deshalb manipuliere ich die Eingaben am Automaten so, dass dieser kein Geld ausspuckt und verabschiede mich schnell von dem Mann, der mich bereits zum nächsten ATM begleiten möchte.
Klar ist der Unterhalt der vielen tollen Pagoden sehr teuer. Hier habe ich mich allerdings eher an „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ erinnert und sehe die Kirchensteuer in der Heimat plötzlich positiver.
Noch immer kopfschüttelnd und aufgewühlt durch das Erlebnis komme ich im Hotel an, rechtzeitig, um in Ruhe zu packen. Eva fühlt sich inzwischen etwas besser. Auf der Sitzgruppe in der Eingangshalle verbringen wir noch eine Stunde im Internet surfend, bevor wir uns von einem freundlichen Taxifahrer zum riesigen, völlig unübersichtlichen Busterminal chauffieren lassen, direkt bis zum Büro unseres Unternehmens.

Wir stehen auf der Liste, erhalten das Nummernschild unseres Buses und nehmen in der Wartehalle Platz. Pünktlich um 20 Uhr fährt der Bus ab. Leider ist es nicht der versprochene VIP-Bus mit Schlafsesseln. Aber wir sind froh, dass wir reservierte Plätze im Bus haben. Den tatsächlichen Fahrpreis haben wir nicht ermitteln können.

22. JANUAR 2019

In der Nacht macht der Bus zweimal Rast.

Während fast alle Mitfahrer zum Essen gehen, nutzen wir die Zeit, um uns die Beine zu vertreten. Die gut 10-stündige Fahrt wird von einem einzigen Fahrer gemeistert. Pünktlich um 7 Uhr kommen wir in Mandalay an und lassen uns von einem Taxi zum Hotel fahren. Dort werden wir freundlich begrüßt, können sofort unser Zimmer beziehen und dürfen auf der Dachterrasse frühstücken.

2 Kommentare

  1. Chris und Silvia

    Einen Monat auf Reisen und es fühlt sich viel länger an, oder? Ihr habt schon so viel erlebt und gesehen. Vielen Dank für eure Berichte und Photos. Eine gute Reise weiterhin und hoffentlich renkt sich dein Magen bald wieder ein, Eva.

  2. Susanne Mayer

    Hmmmm… jetzt hab ich auch die Streifzüge durch Yangon gelesen und verstehe den Kommentar von Uli. Tja, Eva – ich wundere mich auch schon manchmal, was Ihr alles so zu Euch nehmt, und zwar neben- oder gar miteinander. Cappuccino und Mangosmoothie zum Beispiel – da würde mir auch sofort schlecht. Das verträgt sich einfach gar nicht… Aber es gibt ja massenhaft Leute in der Welt, die trinken Orangensaft und Kaffee zusammen – das wäre für mich auch überhaupt nix. Daher – jede/r wie er/sie braucht ode rzu brauchen meint. Die Bananentherapie mit Schwarztee klingt jedenfalls gut. Und immer darauf achten, dass Ihr Bottled Water zu trinken kriegt – darauf ist meistens Verlass. Und was Agenten angeht, die einem Sachen empfehlen, die man sonst schon gleich als suspekt betrachten würde – die laufen auch in Indien rum. Aber mehr als einmal passiert einem das nicht. Die Sinne schärfen sich zunehmend, ob mit Magenproblemen oder mit Reinfällen aller Art – die ja dann doch nicht ganz so schlimm ausgehen, wie es sich anhört. Was ist denn Euer Gesamteindruck von Burma? Laufen viele Militärs durch die Gegend? Wie zeigt sich der Religionsmix? Gibt es dort noch Muslime, oder ist alles buddhistisch? Christen gab es ja früher da auch noch… und wie war der Konflikt noch, der vor ein-2 Jahren durch die Medien ging? Da wurde doch eine gesamte Glaubensgruppe vertrieben… ich erinnere mich nimmer. Fühlt man das, was die Tabellen des Glücks in der Welt sagen? Da stehen die Burmesen ganz oben – im Gegensatz zu uns Deutschen… Bleibt vorsichtig und genießt trotzem alls, was Euch begegnet – die Welt ist bunt und mannigfaltig! Liebe Grüße und safe travels – Sanne

Schreib eine Antwort auf Susanne Mayer Antwort abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..