22. JANUAR 2019
Selbst in der Morgensonne ist mir noch kalt. Im Bus war‘s extrem kühl, sodass ich selbst mit Kapuzenjacke und Wolldecke noch gefroren habe. Außen hatte es in der Nacht 13°C, eine Temperatur, die wir nicht mehr gewöhnt sind. Das Frühstück auf dem Hoteldach wärmt mich ein wenig, aber als wir im Zimmer sind, lege ich mich ins Bett, schlüpfe unter die Decke und wache erst nach 2 Stunden wieder auf. Neben mir liegt Peter, der eigentlich gleich wieder loswollte, aber dann wohl doch die Bettruhe vorgezogen hat.
Jetzt kann’s losgehen. Der erste Stadtrundgang steht an, zu Fuß natürlich. Auch hier im kleineren Mandalay brodelt der Verkehr. Wir rennen jeweils zur anderen Straßenseite, da wir nicht erkennen, dass eine Grünphase für Fußgänger eingeplant ist. Es klappt. Wir durchstreifen die Stadt, kommen vorbei an einem einzeln stehenden Glockenturm, gehen immer weiter, anfangs planlos, dann auf der Suche nach einem Café, das wir auch finden.
Nach einer herrlichen Stärkung bewegen wir uns in Richtung Königspalast. Er ist von einem breiten „Wassergraben“ umgeben und liegt somit wie eine quadratische Insel mitten in der Stadt. Ringsherum ist eine großzügig angelegte Promenade teils schon entstanden, teils noch im Bau. Alles zusammen wirkt sehr großstädtisch.
Wir finden einen Zugang zu der Königspalast-Insel, bezahlen den Eintritt und werden auf dem Weg zum Palast über militärisches Gelände geführt und gleich von einem zünftigen Marschmusik-Konzert empfangen. Beschwingt betreten wir das ehemalige Reich der Königsfamilie. Für mich besonders reizvoll, da mein Buch „Der Glaspalast“ genau an diesem Ort beginnt mit der Vertreibung der Königsfamilie durch die Engländer.
Der Palast wurde nach einem Brand wieder aufgebaut und bietet eine wunderbar klare Architektur. Es ist eine wahre Freude, zwischen den Holzgebäuden umherzuwandern. Im kleinen Museum finden sich noch Erklärungen zu den Geschehnissen der Vergangenheit und einzelne authentische Kleidungsstück- und Möbelstücke. Darunter das „Glasbett“ des Königs.
Wir können uns kaum sattsehen und fotografieren wieder mal beide mit Freude.
Doch wir wollen noch weiter und die Sonne geht bald unter. Eigentlich hatten wir vor auf den Mandalay Hill mit seiner Pagode zu laufen, aber wir sind zu müde und steigen daher lieber in ein Taxi mit einem sehr freundlichen Fahrer, dessen Schwester wir auch kennenlernen. Sie wird uns von ihrem Bruder voller Stolz als einzige weibliche Taxi-Fahrerin in ganz Mandalay vorgestellt. Wir kommen noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang oben auf dem Hügel an, zusammen mit vielen anderen „fotografierfreudigen“ Besuchern. Wir ziehen wieder einmal unsere Schuhe aus und nehmen „the stairway to heaven“, die Rolltreppe. Die Pagode wird zur Nebensache, was zählt ist die Abendstimmung. Es gibt ein regelrechtes Gedränge um die Plätze am Geländer mit der besten Sicht auf die Stadt.
Wir kehren zurück zu unserem Fahrer, der sich bereiterklärt, uns zu einem bestimmten Restaurant zu fahren. Aber wie in Yangon haben wir auch hier Pech und es macht nach Renovierung erst in einigen Tagen wieder auf. Das nächste Restaurant auf unserer Wunschliste ist ein indisch-vegetarisches und es hat offen! Was soll ich sagen: Wir bestellen zu viel, weil alles lecker klingt auf der Speisekarte und ich esse fast zum ersten Mal auf der Reise mit Freude und Appetit!
Den Rückweg sehen wir als Verdauungsspaziergang und promenieren entlang des Wassergrabens zurück zum Hotel. Nachts strahlt die Promenade in vielen Farben, die Türme des Palasts spiegeln sich im Wasser – es ist schön hier!
23. JANUAR 2019
Nach einer erholsamen Nacht und einem guten Frühstück auf der Dachterrasse sind wir voller Tatendrang. Mit den Fahrrädern, die das Hotel umsonst verleiht, wollen wir nach Amarapura, 11 km südlich von Mandalay, radeln. Der Ort ist berühmt für seine „U-Bein-Brücke“, mit 1,2 km die längste Teakholz-Brücke der Welt.
Wir schieben die Räder erst einmal durch die Straßen entlang des Marktes, bevor wir auf die dicht befahrene Ausfallstraße Richtung Süden gelangen und dann heißt es: Allen Mut zusammennehmen und eintauchen in den Wahnsinnsverkehr. Mit der Zeit macht es richtig Spaß, abgesehen von den schwarzen Abgaswolken, die wir inhalieren müssen. Kurz überlegen wir, wann wir das zum letzten Mal erlebt haben – es dauert nicht lange, dann kennen wir die Antwort. Tag für Tag im Stadtverkehr in Lima!
Mit Unterstützung einiger Orstkundigen finden wir schließlich in das Dorf Amarapura hinein. Dort schlagen wir im Reiseführer nach, finden aber nur die Beschreibung der Brücke. Keine Angabe, wie man sie findet. Außerdem erwähnen die Autoren dort, dass im gesamten Dorf das unentwegte Rattern von Webstühlen zu hören sein soll. Bislang haben wir davon nichts mitbekommen, aber Spürnasen, die wir sind, radeln wir in die engen Gassen hinein und nähern uns tatsächlich einer Holzbrücke. Die ist aber bestimmt keine 1,2 km lang. Egal, wir schieben unsere Räder drüber. Gemeinsam mit vielen anderen, die ihre Motorräder, Fahrräder und andere Vehikel auch über diese kurze Brücke bewegen.
Eine Brücke, die bei uns in Deutschland nicht einmal innerhalb einer Wanderroute genehmigt würde. Teilweise löchrig, ausgebessert – aber, es funktioniert hier prima und verbindet einen Teil des Dorfes mit dem anderen. Auf dem Weg haben wir ein immer lauter werdendes Geräusch wahrgenommen. Anfangs gleicht es einem großen Insektenschwarm, aber je näher wir der Brücke kommen, desto mechanischer und rhythmischer wird es. Es sind die beschriebenen Webstühle. Aus jeder Hütte, aus jedem Bambushaus ertönt das eifrige Geratter. Und dann sehen wir die ersten farbenfrohen Spindeln, aus jeder Werkstatt leuchten andere Farben heraus. Es ist ein Fest für die Augen!
Als wir mit unseren Rädern über die Brücke wieder zurückkehren, sind zwei Männer gerade dabei, frisch gefärbte Wollstränge am Brückengeländer zum Trocknen aufzuhängen. Was für ein Farbbad, in das wir eintauchen dürfen.
Peter traut sich und fragt in einer Werkstatt, ob er fotografieren darf. Die Leute sind auch hier sehr freundlich und bitten ihn herein. So verbringen wir viel Zeit dort und schwelgen in den Farben und Mustern.
Die dort hergestellten Stoffe sind für die traditionelle Kleidung der Burmesen bestimmt. Männer und Frauen tragen dort lange Röcke, genannt Longyi, die als Schlauch genäht und dann mit einem bestimmten Knoten für jeden und jede passend gemacht werden. Im Alltag sehen die Menschen im Land immer gut gekleidet aus, zum Teil sind die Stoffe mit Gold- und Silberfäden gewebt, sodass die Kleidung immer festlich wirkt. Die Frauen sind meist sehr zierlich und mit einem farblich passenden Oberteil sehen sie für uns profan gekleidete Europäer immer aus wie Schauspieler in Kostümen. Zudem stecken sie in ihre langen, schwarzen, meist zu Knoten oder Zöpfen gebundenen Haaren Blüten hinein. Es ist eine Augenweide sie anzusehen. Auch für die Männer ist es völlig normal im Alltag diesen langen Rock zu tragen. Sie tragen Kapuzenpullover oder Lederjacken dazu, auch das passt.
Wir schwingen uns auf die Räder und radeln zurück durch die Gassen. Unser eigentliches Ziel haben wir immer noch nicht gefunden, an einer Kreuzung im Dorf halten wir an und schauen wohl so fragend, dass eine Frau uns sehr eindringlich ansieht und immer wieder in eine Richtung zeigt. Wir zögern noch, denn woher soll sie wissen, was wir suchen? Aber da sagt sie das entscheidende Wort: „U-Bein“ und sie spricht es so aus, dass wir es verstehen! WIr bedanken uns in der Landessprache – ja zwei Wörter haben wir gelernt – und radeln in die angezeigte Richtung. Abseits der asphaltierten Straße, am Wasser entlang. Durch Müllberge, aber auch durch ein weiteres Farbbad mitten in dieser Umgebung. Hier sind Wollstränge in vielen Farben aufgehängt, alle zum Trocknen. Unfassbar schön!
Und in der Ferne sehen wir plötzlich auch „unsere“ Brücke. Ja, das muss sie sein. Beschwingt radeln wir weiter und kommen an auf einem großen Platz, direkt am See. Tourbusse stehen verlassen da. Sie haben ihre Touristenscharen wohl schon ausgespuckt, Verkaufsstände mit den üblichen Souvenirs, Restaurants. Die Brücke ist wohl kein Geheimtipp!
Dann steht die Rückfahrt an und auch die schaffen wir ohne Probleme, das gibt uns ein tolles Gefühl. Im Hotel lege ich mich ein wenig aufs Ohr, Peter geht gleich nochmal los, um auf dem Markt zu fotografieren.
Am Abend suchen wir eine empfohlene Garküche mit indischem Einschlag und sitzen bald mit vielen Einheimischen an kleinen Tischen mit Plastikdecken und essen etwas, von dem wir nicht wissen, was es ist.
Nicola Grote
Liebe Eva, lieber Peter,
wieder ein herzliches Dankeschön fürs Mitnehmen auf eurer spannenden Reise!
Es ist toll, euch so begleiten zu dürfen.
Passt gut auf euch auf und ich freue mich schon aufs „Weiterreisen“.
Eine herzliche Umarmung an euch
Nicola