Allgemein

Unterwegs auf dem Ayeyarwady – von Mandalay nach Bagan

24. JANUAR 2019

Der 2170 km lange Fluss Irrawaddy, oder wie er heute geschrieben wird: Ayeryarwady, durchzieht ganz Myanmar und ist ein wichtiger Handels- und Transportweg.
Um möglichst vielerlei Fortbewegungsarten auszuprobieren, wollen wir zu unserer nächsten Station – nach Bagan – per Schiff reisen.
Nachdem wir unsere Erfahrungen mit den „vermittelten“ Bustickets gemacht haben, buchten wir die Fahrt dieses Mal im Internet. Im Hotel bestellen wir ein Tuk-Tuk, das uns sehr früh abholt, denn schon um 6.30 Uhr soll das Schiff ablegen.

Pünktlich steht der Fahrer vor der Tür und wir tuckern durch das morgendliche, noch dunkle Mandalay und verabschieden uns von dieser Stadt, in der wir uns das erste Mal in Myanmar richtig wohlgefühlt haben. Auch mein Magen und mein Kreislauf scheinen sich mit dem Land ganz allmählich anzufreunden, was mich beruhigt. Nach knapp vier Wochen auf Reisen finden wir uns ein in den Rhythmus des ständigen Ankommens und Abfahrens und in die Gewissheit, dass es immer einen Weg gibt, unsere Reiseziele zu erreichen.
Die Fahrt ist nicht lang, bald stoppen wir an einem Platz, der auf den ersten Blick nicht als Pier erkennbar ist. Doch als wir aussteigen und einige Schritte gehen, stehen wir am Rand eines unbefestigten Hanges, der zum Ufer hin abfällt. Dort liegen Schiffe vor Anker.

Der Fahrer trägt meinen Rucksack und packt mich am Oberarm, damit ich nicht rutsche, wie er ständig betont. Seine Fürsorge rührt mich. Ich komme leichten Fußes unten an, der Rucksack wird an Bord sofort übernommen und versorgt, sodass Peter ganz in Ruhe nur sein Gepäck tragen muss. Der Fahrer gibt mir noch seine Visitenkarte und meint mit breitem Lächeln, falls wir wieder mal nach Mandalay kommen, stehe er immer zur Verfügung – auch für unsere Freunde. Genau solche Begegnungen sind es, die eine Reise in ein fremdes Land, ja in eine fremde Kultur bereichern!
Ich suche mit Freude meinen Sitzplatz und entdecke, dass jedem Fahrgast unter Deck ein bequemer Sessel zur Verfügung steht. Es ist noch kalt, allmählich graut der Morgen und als die Sonne aufgeht, wagen wir uns zum ersten Mal an Deck. Dort gibt es Stühle und Tische und Bambusliegestühle.

Zudem erfahren wir, dass wir ein Frühstück bekommen und ein Mittagessen. Mein Magen zögert noch, mir ein freudiges Signal zu schicken, aber ich werde bestimmt eine Banane und einen Schwarztee finden …
Peter ist inzwischen schon mit der großen Kamera unterwegs, um schöne Motive rund um den Sonnenaufgang zu erwischen.

Wir legen ab und tuckern los, einem neuen Tag entgegen. Es dauert nicht lange, da wird schon zum Frühstück gerufen und es ist eine wirkliche Überraschung, was die jungen Leute in der kleinen Kombüse gezaubert haben! Über traditionelle burmesische Nudel-und Reisgerichte, Toastbrot, Marmeladen, Spiegeleier, gekochte Eier, Tee, Kaffee – besser war es bislang in keinem Hotel. Nach dem Frühstück gehe ich nochmal hinunter und schreibe an den Blog-Berichten, in der Hoffnung, dass wir in unserem nächsten Hotel ein schnelles Internet vorfinden.
Der Tag ist entspannend. Dösend, fotografierend, lesend, betrachtend hängen wir in den Liegestühlen, oder sitzen an den Tischen – wir können wählen zwischen Sonne und Schatten – ein Luxustag. Außerdem kommen wir mit einem chinesischen Professor für Geschichte ins Gespräch, der an der UCLA lehrt und auf Recherche-Reise für ein Buchprojekt ist. Er weiht uns ein in die Geschichte der kriegerischen Auseinandersetzungen des Landes und den Einsatz von Indern, Bengalen und Schwarzafrikanern in diesen Kriegen. Beim Lunch sitzen wir zusammen mit einem einheimischen Guide, der eine deutsche Gruppe leitet und hervorragend Deutsch spricht. Er erzählt uns von seinem Leben als 8-jähriger Junge in Wiesbaden, wo er mit seiner Familie dann für sechs Jahre blieb und eine deutsche Schule besuchte. Sein Deutsch ist akzentfrei und er berichtet von seinen Plänen, ein Resort zu eröffnen im Süden des Landes, um nicht länger als Freelancer-Guide arbeiten zu müssen. Je länger ich mir seine Reisegruppe anschaue, desto besser verstehe ich ihn.

Am Nachmittag legen wir an für einen kurzen Besuch in einem Töpferdorf.


Die Perspektive von diesem Schiff auf die vielen Fischerboote und Transportschiffe, die auf dem großen Fluss unterwegs sind, auf die Siedlungen am Ufer, auf die vielen Pagoden, die auch hier zu finden sind, das ruhige Vorwärtsgleiten, die angenehmen Unterhaltungen – alles zusammen trägt dazu bei, dass dieser Tag wunderbar entspannend ist.


Gegen 18 Uhr kommen wir an. Zuvor sehen wir schon erste Ruinen der vieler Pagoden, für die Bagan berühmt ist.


So entspannend die Flussfahrt war, so spannend ist der Ausstieg. Unser Schiff kann nicht direkt am Ufer anlegen, sondern in vierter Reihe. Also müssen wir, bepackt mit einem Rucksack vorne und einem hinten, durch drei Schiffe durchlaufen, um dann vor einigen dünnen Brettern zu stehen, die übers Wasser gelegt wurden. Also auch hier wieder: Augen auf, Angst bzw Schwindel wegschieben und drüberlaufen – was auch gelingt! Peter balanciert voraus, ich gleich hinterher und bald stehen wir auf sicherem Boden und werden alsbald umringt von Taxifahrern, die uns als Kunden werben wollen. Wir haben kaum Zeit einmal tief durchzuatmen. Während wir uns einigen mit einem Fahrer, entdecken wir den chinesischen Professor, der regelrecht auf der Flucht vor den Taxifahrern zu sein scheint. Wir stoppen ihn mit Mühe und laden ihn ein, mit uns zu kommen und so teilen wir unsere Fahrt nach Neu-Bagan. Es sind einige Kilometer, der Fahrer findet das Hotel des Professors und später auch unseres.
Wieder einmal angekommen. Das Hotel und unser Zimmer sehen gut aus, nur ein unangenehmer Geruch aus dem Badezimmer stört. Wir hoffen, dass er vergeht.
In der Nacht geht es Peter immer schlechter. Magen- und Darmprobleme plagen ihn. Er schafft es nicht nur einmal rechtzeitig ins Bad. Wir scheinen uns abzuwechseln.

25. JANUAR 2019

Peter hatte eine unruhige Nacht. Zum Frühstück versucht er mitzugehen, gibt aber bald auf und kehrt ins Hotelbett zurück. Er fühlt sich total erschöpft, schwach und müde. Wie gut ich dass kenne …
Ich sorge dafür, dass der Zimmerservice noch kommt, solange ich da bin – in der Hoffnung, dass der üble Geruch verschwindet – was auch gelingt. Peter kann sich ins Bett zurücklegen, er will schlafen, nichts als schlafen und meint, ich soll losziehen. Was ich nach kurzer Rückversicherung auch mache.
Ich setze mich auf den vortags bereits bestellten e-Roller und brause los!

Eine Erinnerung an meine Jugendjahre, in denen ich mit Mofas unterwegs war. Genau so fühlt es sich an. Kein Kuppeln, nur Gas geben, Füße hochstellen und los düsen – wunderbar. Mein eigenes Mofa war um Welten langsamer damals, das musste ich am Berg immer unterstützen, der e-Roller braucht keine Unterstützung, er bringt mich überall hin. Es macht echt Spaß! Und so besuche ich viele herrliche Orte an diesem Vormittag, setze mich oft hin und lasse diese eigene Welt auf mich wirken.
Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert wurden dort in einer wohl beispiellosen Bauwut unzählige Klöster und Pagoden errichtet, von denen heute „nur noch“ 3000 erhalten geblieben sind – in ihrer Gesamtheit sind es immer noch die bedeutendsten Zeugnisse birmanischen Kultur. Die Errichtung der teilweise noch erhaltenen Stadtmauer ist für 849 verbürgt. Der erste bedeutende König, Anawratha, wurde im 11. Jahrhundert von einem Mon-Lehrer zum Theravada Buddhismus bekehrt und ließ nach einem Krieg alle (Hand-)Schriften der Mon in das damals noch unbekannte Bagan bringen. Unter ihm und seinen Nachfolgern entwickelte sich die Stadt während der folgenden 200 Jahre zu einer der herrlichsten Metropolen Asiens. Einige Ruinen werden gepriesen für ihre spektakulären Aussichten, die sie beim Sonnenauf- und -untergang bieten. Darauf sind wir wirklich gespannt, haben wir doch Fotos gesehen, von denen ich annehme, dass sie Produkte des Photo-Shop-Zeitalters sind.
Ich schaue mir einige sehenswerte Wats und Pagoden an, kann mir die Namen nicht merken, lasse lieber Bilder sprechen.

Dann kehre ich zurück ins Hotel, zurück zu Peter. Er ist immer noch sehr müde, hat die ganze Zeit geschlafen.
Ich ziehe noch einmal los mit meinem Gefährt, brause los, um einen guten Platz für Sonnenuntergangsbilder zu finden. Leider nehme ich den falschen Weg, fahre durch Siedlungen voller einfachster Hütten, vor denen Feuer brennen zum Kochen, gerate auf tiefe Sandwege, es beginnt schon zu dämmern und wird richtig kalt. Außerdem habe ich die Befürchtung, dass der Akku nicht mehr sehr viel Ladung hat, also kehre ich um. Ohne Foto. Aber mit einer Idee: Ich halte unterwegs bei einigen Restaurants an und frage, ob sie Hühnersuppe für Magenkranke im Angebot haben. Ich habe Glück! Ein Restaurant mit sehr freundlicher und hilfsbereiter Köchin will extra eine Suppe für Peter kochen. Er kann noch nicht mitkommen, also füllt sie später am Abend, als ich dort alleine zu Abend esse, die Suppe in Plastikbeutel und so kehre ich mit hoffentlich heilsamer Hühnersuppe zurück ins Hotelzimmer, wo Peter langsam, Löffel für Löffel, diese Stärkung zu sich nimmt. Sie scheint zu wirken, die Wundersuppe! Er kann ruhig schlafen in der Nacht.

26. JANUAR 2019

Peter hat viel Kraft getankt und ist bereit zu neuen Taten! Also steigen wir beide kurz vor Sonnenaufgang auf die e-Roller und brettern los. Die erste Sonnenaufgangspagode wird renoviert, da können wir nicht rauf, also zur nächsten – die Zeit wird knapp, denn die Sonne geht bald auf. Wir finden einen halb zusammengebrochenen Turm, der auf der Karte als geeigneter Ort gekennzeichnet ist und stellen unsere Roller ab. Wir schauen uns um, aber finden keinen Eingang. Oben stehen jedoch viele Leute – ein Rätsel! Da steht plötzlich ein junger Burmese vor uns mit Taschenlampe und führt uns ins Innere des Turmes. Er ist sehr besorgt um Peters Kopf, denn wir steigen eine schiefe Treppe hinauf und die Decke ist unregelmäßig tief. Aber wo ein Wille ist … kommt man auch heil oben an, wo schon sehr viele fotowillige Menschen ausharren. Kurz können wir uns nur orientieren, da geht schon die Sonne auf. Die erste Reihe fotografiert wie wild. Wir stehen schon auf den äußersten Zehenspitzen, um eine Chance zu bekommen, haben aber Glück, denn es herrscht eine wunderbare Solidarität. Nachdem die Ersten ihre Fotos gemacht haben, machen sie Platz und so bekommt wirklich jede(r) eine Chance. Als ich vorne ankomme, stockt mir der Atem, denn die Ansichten, die ich für Produkte der Bearbeitung gehalten habe, liegen nun vor mir – alles ist genauso, wie ich es gesehen habe. Der Dunst, der über dem Land liegt, die Türme, die aus dem Dunst herausragen und die Ballons, die über dieser Landschaft schweben. Alles ist echt und ich stehe mitten drin. Ein mehr als berührender Moment.

Wir können kaum aufhören diesen Anblick zu inhalieren und zu fotografieren, aber irgendwann steht unser freundlicher Taschenlampen-Guide vor uns, möchte uns gerne hinunterführen und unten seine Bilder zeigen. Er braucht noch ein wenig Geduld, aber dann stolpern wir gerne mit eingezogenem Kopf mit ihm hinunter.
Unten zeigen er und sein Kumpel Sandbilder, die sie anscheinend selbst gemacht haben. Tags zuvor habe ich schon eines gekauft von einem alten Mann, der exakt dieselben Motive als seine eigenen ausgegeben hat und unterwegs tauchen immer wieder diese Bilder auf. Egal, er hat uns geholfen, wir kaufen ein Bild und kehren sehr beglückt zum Hotel zurück, um auch hier auf dem Dach zu frühstücken. Inzwischen hat die Sonne schon an Kraft gewonnen, aber insgesamt ist es hier in Bagan morgens und abends kühl. Ich ziehe gerne eine Jacke und eine lange Hose an und ärgere mich, dass ich zum Teil die falschen Kleider eingepackt habe: An kühle Witterung in Asien zu dieser Zeit habe ich nicht gedacht. So bleibt nur der Lagenlook. Auf dem Roller am Morgen fast ausreichend …

Auch Peter kann schon wieder frühstücken, es wird hier viel angeboten und wir freuen uns inzwischen beide über Schwarztee und Bananen. Mit Toastbrot, oder ohne, viel brauchen wir nicht. Der Tag ist noch jung, wir wollen los, aber bevor wir uns auf unsere Roller schwingen, begrüßt uns auf der Straße ein glitzernder, muiszierender Theater-Elefant, der schnell viel Publikum anzieht. Bald begleiten viele Kinder mit großen Augen das Schauspiel.

Wir reißen uns los und fahren eine Strecke hinüber nach Alt-Bagan, um die am besten erhaltene Ananda-Pagode zu besichtigen. Sie ist restauriert und beeindruckt nachhaltig durch Bauweise, Größe und Reichtum. Nachdem sie wohl schon einmal wiederaufgebaut wurde in der Vergangenheit, ist sie in neuerer Zeit nach einem Erdbeben gründlich restauriert worden.

Danach besuchen wir noch etliche andere, kleinere, ältere, zerfallenere Ruinen …

… und kehren dann in einem ungewöhnlichen vegetarischen Restaurant namens „the Moon, be kind to the animals“ ein, um einen Pott voller frischen Ingwertee mit Zitrone und Honig zu genießen.

Danach treten wir die luftige Heimfahrt an, inzwischen ist es wieder gut heiß geworden und so tut der Fahrtwind gut. Unterwegs fallen uns einige Straßenstände auf mit dekorativen Schirmen und gut in Szene gesetzten Marionetten – da müssen wir anhalten …


Im Hotel bleibt Peter nur kurz, dann fährt er noch einmal los und sucht den besten Platz für Sonnenuntergangsfotos. Er findet einen Hügel, wo er wieder mit vielen anderen zusammen diese besondere Kulisse genießen kann.


Am Abend suchen wir uns ein Restaurant aus, das ziemlich teuer ist, aber zumindest ist das Essen verträglich. Peter kann auch schon wieder etwas anderes als Hühnersuppe essen, so kehren wir ganz zufrieden zurück ins Hotel, wo sich er üble Geruch im Bad inzwischen zum Gestank entwickelt hat, was sehr schade ist, denn insgesamt ist das Hotel, sein schottischer Besitzer und die Angestellten wirklich toll. Jetzt bleibt uns nur noch eins: Rucksäcke packen und abliegen, denn für morgen früh ist schon das Taxi zum Flughafen bestellt!

4 Kommentare

  1. Ulrich Mayer

    Also ihr Lieben, es ist ja grandios wie ihr mit allem Unbill umgeht und immer wieder auf die Beine kommt um all das Schöne was ihr erlebt uns mit unwahrscheinlich schönen Fotos zu übermitteln.
    Ich finde das umwerfend.
    Weiterhin gute Reise, einigermaßen Gesundheit und viel Spaß
    Uli

    1. Lieber Uli, uns war klar, dass 3 Monate auf einem uns unbekannten Kontinent vieles mit sich bringen kann. Das kennen wir von Südamerika schon. Wir freuen uns über die schönen Momente, lernen aus blöden Situationen und widmen uns unseren Hobbys: dem Schreiben und dem Fotografieren.
      Es freut uns wirklich sehr, dass du so gerne mitliest. Danke 🙏!

  2. Chris und Silvia

    Halli hallo ihr beiden Weltenbummler! Die Photos sind traumhaft! Was hat es denn mit den Ballons auf sich? Ihr seid nicht auch in einen gestiegen, oder? Wir freuen uns auf die nächsten Berichte, weiterhin gute Reise!

    1. Hallo ihr Lieben in Kanada,
      Freut uns sehr, dass ihr mitlest! Bagan haben wir tatsächlich als magisch empfunden. Diese Ballons habe ich anfangs auf den Postkarten und Postern als Photoshop-Motiv angesehen. Aber wir haben sie wirklich am Himmel gesehen. Es ist ein (sehr teures) Angebot für Touristen dort „Balloons-over-Bagan“, das wir uns nicht geleistet haben, denn der Ausblick vom Turm war mehr als ausreichend!
      Aber inzwischen sind wir in Laos und morgen früh steigen wir in einen (erschwinglichen) Ballon um hier in die Luft zu gehen! Wir sind sehr gespannt …

Schreib eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..